Selbstfürsorge ist momentan ein ziemlicher Trend. Das ist einerseits gut, denn es ist ein wichtiges Thema für die psychische und körperliche Gesundheit. Andererseits kann so ein Hype auch mit vielen falschen Vorstellungen einhergehen. Und daraus folgend mit Gedanken, die uns von Selbstfürsorge abhalten.

Was ist Selbstfürsorge überhaupt?
Eine einheitliche Definition von Selbstfürsorge zu finden, ist gar nicht so einfach. Es existiert nämlich keine offizielle. Ein paar Beispiele können dir aber schon mal einen Eindruck von der Bedeutung geben:
Die WHO beschreibt Selbstfürsorge folgendermaßen:
“Self-care is the ability of individuals, families and communities to promote health, prevent disease, maintain health, and cope with illness and disability with or without the support of a health worker.”
Ein paar Beispiele zu Selbstfürsorgetätigkeiten gibt auch die APA in ihrer Definition:
“Activities required for personal care, such as eating, dressing, or grooming, that can be managed by an individual without the assistance of others.”
Daneben nennen sie noch ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung, eine gesunde Ernährung, das Pflegen tief gehender Beziehungen sowie sich selbst Freizeit und Muße zu erlauben.
In diesen Beispielen schwingt bereits mit, dass Selbstfürsorge alle Tätigkeiten meint, welche die körperliche und psychische Gesundheit aufrechterhalten und Erkrankungen vorbeugen (oder einen angemessenen Umgang damit ermöglichen).
Und das ist (auch aus gesundheitspsychologischer Sicht) eben eine ganze Menge.
Bei Selbstfürsorge nur an ein Schaumbad zu denken, greift daher viel zu kurz.
Selbstfürsorge umfasst eben nicht nur Entspannung und Hygiene (um beim Schaumbad-Beispiel zu bleiben), sondern auch Soziales, Schlaf, Ernährung, Bewegung, medizinische Versorgung, Hobbies, Stressmanagement, Selbstmitgefühl, ein achtsamer Umgang mit sich selbst, etc.
Also alles, was die Gesundheit und das Wohlbefinden begünstigen kann.
Diese Fülle an Tätigkeiten bringt auch schon das erste „Problem“ mit sich:
Wo soll man da anfangen und wie soll man das alles in seinem Alltag unterbringen?
Gedanken, die uns von Selbstfürsorge abhalten
„Dafür habe ich keine Zeit“
Wer sich online nach Inspiration für Selbstfürsorge umsieht, bekommt direkt eine ganze Wagenladung von Self-Care-Ideen, Tipps, Vorlagen und Plänen.
Es ist nicht verwunderlich, wenn sich allein bei Menge an Listen und Ideen schon ein latentes Gefühl der Überforderung einstellt.
Dein Alltag ist wahrscheinlich eh schon recht voll. Da ist es nachvollziehbar, dass du dir nicht noch zusätzliche To-Dos aufladen willst.
Aber Selbstfürsorge soll sich nicht wie ein weiteres, lästiges To-Do anfühlen. Nicht wie etwas, das du tun „musst“, obwohl du gar nicht willst.
Wer sich unter Selbstfürsorge etwas sehr Zeitintensives vorstellt (z.B. einen Wellnessurlaub oder jeden Tag stundenlanges Yoga/Meditieren/Schreiben/…), hat es direkt ein bisschen schwerer Selbstfürsorge in den Alltag zu bringen.
Doch genau da gehört Selbstfürsorge hin:
In den Alltag.
Durch Selbstfürsorge laden wir unsere Akkus wieder auf, welche jeden Tag durch alltägliche Anforderungen geleert werden.
Da wir auch alltäglichen Herausforderungen, Stressoren und Belastungen gegenüberstehen, ist es also nur sinnvoll, jeden Tag in die eigene Gesundheit zu investieren.
Dieses zeitliche Investment in die Selbstfürsorge muss nicht mal groß sein. Vielleicht reicht es dir für den Anfang schon, zwischendurch mal die Augen zu schließen und einen Check-In zu machen:
Wie geht´s mir eigentlich gerade? Was brauche ich?
Selbstfürsorge bedeutet, auf die Antworten darauf, auch Taten folgen zu lassen.
Fühlst du dich gerade einsam? Dann schreibe vielleicht einer Freundin und macht mal wieder ein Treffen aus.
Hast du Durst? Dann hol dir ein Glas Wasser.
Leichte Kopfschmerzen? Vielleicht ist die Luft im Zimmer so verbraucht, dass du mal lüften solltest. Oder deine Augen sind von der stundenlangen Bildschirmarbeit überlastet, so dass es dir gut tun würde, deinen Blick ein paar Minuten in die Ferne schweifen zu lassen oder die Augen für einen Moment zu schließen.
Du merkst eine stärker werdende innere Unruhe? Zieh dich aus der Situation zurück und atme ein paar Mal langsam und bewusst durch.
Oder was du sonst gerade brauchst. Klingt vielleicht banal. Doch obwohl diese Dinge auf der Hand zu liegen scheinen, vergessen oder ignorieren wir sie im Alltagschaos häufig.
Das sind Mini-Self-Care-Momente, die du in deinen Alltag einbauen kannst. Längere Aktivitäten, wie Meditation, Yoga, Sport, Treffen mit lieben Menschen oder Schaumbäder darfst und solltest du natürlich trotzdem auch nicht komplett vernachlässigen.
„Ich weiß nicht, was ich dafür machen soll“
Wahrscheinlich haben die wenigsten von uns in der Schule gelernt, dass Selbstfürsorge ein wichtiges Thema ist. Und im Elternhaus vermutlich auch nicht.
Zumindest nicht, wenn es um die Selbstfürsorge in Bezug auf die psychische Gesundheit geht. Bei der körperlichen Gesundheit bekommen wir schon einiges mit auf den Weg: regelmäßig Hände waschen, Zähne putzen, duschen, baden, Vorsorgeuntersuchungen…aber was z.B. Psychohygiene angeht, sieht´s meist ganz anders aus.
Selbst wenn du anfangen möchtest, dich besser um dich selbst zu kümmern, stellt sich vielleicht auch erstmal die Frage:
Selbstfürsorge – Wie geht das? Wie mache ich das überhaupt?
Wie gesagt, es geht um mehr als nur ein Schaumbad. Selbstfürsorge bedeutet auch nicht, dass du jetzt jeden Tag mindestens 5 Stunden Yoga machen, meditieren und journaln musst.
Du musst erstmal sowieso gar nichts.
Selbstfürsorge ist etwas, das du für dich und dein eigenes Wohlbefinden tust. Dafür kannst du dir mal deine verschiedenen Lebensbereiche und Bedürfnisse vor Augen führen und überlegen, was bei dir momentan zu kurz kommt.
„Das ist egoistisch“
Im Laufe unseres Lebens haben wir gelernt, dass wir für andere da sein sollen. Wir haben gelernt, für andere zu funktionieren und deren Erwartungen und Bedürfnissen gerecht zu werden.
Unsere eigenen Erwartungen und Bedürfnisse stehen meistens hinten an.
Außerdem lobt uns auch keiner dafür, wenn wir mal nur etwas für uns gemacht haben, zum Beispiel bewusst eine Pause eingeschoben haben, weil wir sie einfach brauchten.
Vermutlich wird niemand dir sagen:
„Hey, voll super, dass du darauf achtest, genügend Schlaf zu bekommen und nicht noch bis 23 Uhr im Büro sitzt!“
Das Gegenteil ist eher der Fall:
Pausen auslassen, Überstunden machen, Zähne zusammenbeißen, zu allem ja sagen – das wird schon eher geschätzt.
Oder teilweise leider auch einfach erwartet.
Denn auch dafür gibt es häufig nur wenig Wertschätzung und stattdessen wird erbrachte Leistung als Selbstverständlichkeit abgetan. Wenn man dann doch mal für sich einsteht, Grenzen setzt, kann es zu Konflikten kommen.
Da entsteht einfach schnell der Eindruck, dass man mit Selbstfürsorge irgendwas falsch macht und total egoistisch und selbstsüchtig handelt. Immerhin macht man das ja nur für sich und leistet währenddessen nichts für andere. Doch selbst wenn man von diesem Standpunkt aus auf die Selbstfürsorge sieht, ist sie nicht egoistisch.
Denn wenn du nicht für dich selbst sorgst, brennst du vermutlich irgendwann aus und kannst dich auch nicht mehr um andere kümmern (denk an die Sauerstoffmaske im Flugzeug, die man sich als erstes selbst aufsetzen soll). Außerdem bedeutet Selbstfürsorge ja auch nicht, dass du auf alle anderen pfeifst.
Du gestehst dir lediglich ein, dass deine Bedürfnisse genauso wichtig sind wie die aller anderen auch. Und gibst dir die Erlaubnis, diese zu erfüllen.
Du darfst Pausen machen. Du darfst Grenzen setzen. Du darfst dir Zeit für dich nehmen.
„Ich hab schon mal Entspannungsübungen/Meditation/Yoga/… versucht, das bringt nichts“
Wie schon gesagt, online findet man etliche Self-Care-Ideen.
Das Ding ist aber: Nicht alles davon nützt einem persönlich auch was.
Nur weil Yoga zu meiner Selbstfürsorgepraxis gehört, muss das nicht automatisch für dich (oder alle anderen) gelten.
Vielleicht kannst du mit Yoga überhaupt nichts anfangen, brennst aber für eine andere Form der Bewegung, mit der ich nicht warm werden kann.
Und das ist vollkommen ok.
Selbstfürsorge ist etwas Individuelles. Daher bringt einem das Suchen von vorgefertigten, scheinbar perfekten Plänen nicht wirklich etwas. Vielleicht kannst du bei bestimmten Tätigkeiten einfach nicht abschalten.
Was das Thema Entspannung angeht, sei allerdings auch gesagt:
Wenn du seit Langem im Dauerstress unterwegs bist, wirst du nicht plötzlich tiefenentspannt aus einer Entspannungsübung herauskommen, die du vorher noch nicht gemacht hast.
Und selbst wenn:
Wirklich nachhaltig ist dieser Effekt auch nicht, wenn du diese Übung vielleicht nur einmal machst und dann nie wieder.
Selbstfürsorge bedeutet, dich um dich selbst zu kümmern. Wie das für dich aussieht und was für dich dabei am nützlichsten ist, ist individuell.
Welche Überzeugungen oder Vorurteile halten dich von Selbstfürsorge ab? Schreib mir gern eine Mail. Auch wenn du Fragen zum Thema hast.
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