Ist Selbstfürsorge im Alltag überhaupt machbar?
Immerhin sind unsere Terminkalender meist eh schon total vollgestopft. Wie soll man da noch Self-Care-Routinen reinquetschen?
Kleiner Spoiler vorweg:
Selbstfürsorge soll eben genau das nicht sein.
Also kein weiteres, nerviges To-Do, das du noch in deinen Tag reinquetschst und von dem du das Gefühl hast, es schnell abhaken zu müssen.

Aber warum ist Selbstfürsorge überhaupt ein Thema?
Ganz einfach:
Wir versinken manchmal (oder häufig) so sehr im Alltagschaos und im Stress, dass wir uns selbst aus den Augen verlieren.
Denn eigentlich wissen wir ganz gut, was wir brauchen und wann.
Sowohl unser Körper als auch unsere Psyche geben uns ständig Hinweise darauf, wie es um unsere Bedürfnisse steht.
Wir überhören diese Hinweise leider nur sehr oft.
Oder wir räumen ihnen nur wenig Priorität ein.
Vielleicht denken wir aber auch, dass andere Dinge gerade einfach wichtiger sind.
Das stimmt auch manchmal.
(Wenn die Wohnung gerade brennt, ist nicht die beste Zeit zum Meditieren)
Aber unsere eigenen Bedürfnisse und damit auch Selbstfürsorge sollten ebenfalls Priorität in unserem Leben haben.
Wenn sie die nämlich nicht haben, dann neigen wir dazu, sie in die Zukunft zu verschieben.
„Ich bräuchte eine Pause – aber ich muss x, y und z vorher noch erledigt haben.“
„Ich habe Hunger. Aber diese Mails müssen erstmal raus, essen kann ich später irgendwann noch.“
„Ich brauche eigentlich dringend Schlaf…aber diese Präsentation muss unbedingt bis morgen fertig sein – ich muss einfach eine Nachtschicht einlegen.“

Gerade Pausen sind etwas, womit viele sich sehr schwer tun
Ich bin da übrigens keine Ausnahme.
Oder war.
Mittlerweile gelingt es mir besser, mir auch mal Ruhephasen zu nehmen. Meistens zumindest.
Falls dir Pausen also auch unheimlich schwer fallen und du sie – wenn du dir denn mal welche nimmst – statt dich auszuruhen, mit noch mehr Tätigkeiten vollstopfst:
Das geht nicht nur dir so. Du bist nicht allein damit.
Das kann mit deinen Einstellungen zu Pausen zusammenhängen:
Hast du die Befürchtung, dann einfach nur unproduktiv zu sein?
Oder faul?
Bekommst du vielleicht so ein unangenehmes Gefühl, dass du deine Zeit nicht gut genug nutzt oder sie verschwendest, weil du gerade nichts leistest?
Wie gesagt, falls es dir so geht, bist du damit absolut nicht allein.
Solche (und weitere) Muster in unseren Denk- und Verhaltensweisen führen allerdings dazu, dass wir in Dauerstress-Schleifen geraten, weil wir uns selbst um Regenerationsphasen berauben.
Wenn solche Glaubenssätze in dir stecken, lohnt es sich, diese mal näher zu beleuchten:
Woher oder von wem habe ich diese Überzeugung?
War diese Person eine verlässliche Informationsquelle?
Wie profitiert diese Person möglicherweise davon, wenn ich nach dieser Überzeugung handle?
Oder was würde sie verlieren, wenn ich diese Überzeugung loslasse?
Welche Überzeugungen halten dich regelmäßig davon ab, dich besser um dich selbst zu kümmern und deinen eigenen Bedürfnissen nachzukommen?
Mehr zum Thema Pausen:
Richtig Pausen machen und erholen
Selbstfürsorge ist weder eine 3-stündige, perfekt durchgestylte Morgenroutine oder einfach nur mal ein Tag im Spa
Selbstfürsorge setzt im Kleinen an.
Selbstfürsorge im Alltag dementsprechend auch.
Sie fängt schon hier an:
Sich bewusst zu werden, welche unserer Gedanken und Handlungen dazu führen, dass wir uns selbst noch mehr stressen.
Das bedeutet nicht, dass du an deinem Stresslevel einfach selbst schuld bist.
Wir sind uns solcher Muster einfach meistens nicht bewusst.
Wenn wir uns allerdings darüber bewusst werden, können wir an einigen Stellschrauben drehen, um unser Stresslevel zu senken.
Selbstfürsorge bedeutet zusätzlich, aufmerksamer den eigenen Bedürfnissen und Alarmsignalen zu werden.
Damit meine ich Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst, nach Schlaf – aber auch z. B. das Bedürfnis nach Sozialkontakten, Bewegung oder einfach Abwechslung.
Es geht auch darum, deine Stress-Signale besser kennenzulernen. Und dich dafür zu sensibilisieren, diese frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Selbstfürsorge im Alltag: Self-Care ist kein überflüssiger Luxus
Bei Selbstfürsorge denken viele erstmal an luxuriöse Wellness-Wochenenden oder mehrstündige, perfekt durchgetaktete Morgenroutinen.
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Morgenroutine Ideen: Worum es bei einer Morgenroutine (nicht) geht
Damit einher geht der Gedanke, dass Selbstfürsorge ein teures, aufwändiges und zeitintensives Unterfangen ist.
Das Problem bei diesem Gedanken ist, dass er uns dazu verleitet, Selbstfürsorge in die Zukunft zu verschieben. (Mehr Gedanken, die uns von Selbstfürsorge abhalten, findest du hier)
Wenn wir irgendwann mal Zeit, Ruhe und genug Geld dafür haben.
Selbstfürsorge fängt allerdings schon im Kleinen an.
Bei Dingen, die uns vielleicht erstmal langweilig oder selbstverständlich vorkommen.
Wie eben unseren Grundbedürfnissen nach Schlaf, Essen oder sozialen Kontakten.
Ein bisschen mehr Selbstfürsorge kannst du allein schon dadurch in deinen Alltag bringen, indem du dir täglich die Frage stellst:
Wie sorge ich heute für mich?
Das kann alles Mögliche beinhalten.
Ein paar Beispiele:
- regelmäßige, erholsame Pausen
- 5 Minuten Meditation am Morgen oder einfach nur ein paar tiefe, bewusste Atemzüge zwischendurch
- Abends 20 Minuten Sport/Yoga/Spazieren gehen…
- Eine Flasche Wasser und ein Glas auf meinen Schreibtisch stellen, damit ich regelmäßig was trinke
- Obst/Gemüse kleinschneiden und sichtbar hinstellen, so dass ich eher dazu greife als mir zwischendurch Süßkram zu holen
- Abends früh genug ins Bett gehen
- Mit einer Freundin über ein Thema sprechen, dass mich schon länger beschäftigt
- Den Arzttermin machen, den ich schon eine Weile vor mich herschiebe
- …
Selbstfürsorge im Alltag:
Halte zwischendurch am Tag immer mal wieder inne und beobachte, wie du dich gerade fühlst
Um besser für dich selbst zu sorgen und deine Bedürfnisse und Stresssignale nicht zu überhören oder zu ignorieren, versuche zwischendurch einen achtsamen Check-In:
Wie geht´s dir gerade?
Was geht in deinen Gedanken so vor?
Wie fühlt dein Körper sich an?
Welche Emotionen spürst du gerade?
Versuche, mehrmals täglich kurz innezuhalten und in dich hinein zu spüren.
Ein bisschen Inspiration für Selbstfürsorge im Alltag, findest du hier:
50 Ideen für Self-Care-Momente zwischendurch
Oder mache morgens und abends einen kleinen Check-In und schreibe dir auf:
Morgens:
- Wann und was du heute an Selbstfürsorge in deinen Alltag einbringen möchtest
- Worauf du dich heute freust
- Und was herausfordernd oder stressig werden kann bzw. wie du damit umgehen möchtest
Abends:
- Wie bist du letztendlich mit dieser Herausforderung umgegangen?
- Wie hast du Self-Care umgesetzt?
- Welche Dinge haben dir heute Freude gebracht oder wofür bist du ganz einfach dankbar?
Distanziere dich von deinen Gedanken
Unsere Art zu denken kann unser Stresslevel in die Höhe schnellen lassen und sich auf unsere Handlungen auswirken.
Uns rauschen unfassbar viele Gedanken pro Tag durch den Kopf und die meisten hinterfragen wir nicht. Wir halten sie in der Regel für wahr, auch wenn sie das nicht sind.
Nehmen wir zum Beispiel den Gedanken:
„Ich bin so eine Versagerin“
Unabhängig davon, ob dir dieser Gedanke gefällt oder nicht (und ich tippe mal darauf, dass er dir nicht sonderlich gefällt), hältst du ihn erstmal für wahr.
Das führt dann zum Beispiel dazu, dass du in einem Job bleibst, der dich stresst. Trotz Mobbing im Kollegium, schlechter Bezahlung, trotz cholerischem Chef…
Der Gedanke, dass du eine Versagerin bist bzw. der Umstand, dass du diesem Gedanken Glauben schenkst, kann weitere Gedanken nach sich ziehen. Gedanken, die dein Bild von die selbst und das von anderen beeinflusst.
Das können Gedanken sein wie „Ich hab es verdient, so behandelt zu werden“ oder „ich würde eh keinen besseren Job finden, also brauche ich es auch gar nicht erst zu versuchen“.
In solchen Momenten kannst du dich fragen, ob das wirklich stimmt. Wenn du nach Beweisen auf die Suche machst, die dagegensprechen, nimmst du deinem inneren Kritiker den Wind aus den Segeln.
Bringe Freude in deinen Alltag
Wenn wir gestresst im Hamsterrad unsere Runden drehen, verlieren wir schnell aus den Augen, was uns selbst Spaß macht und Freude bringt.
Du kannst deshalb versuchen, dir täglich kleine Momente einzuplanen, die dir Freude bringen.
Was genau das ist, ist dir überlassen.
Welche kleinen Dinge machen dich glücklich?
Was bringt dich zum Lachen?
Oder schenkt dir einfach nur ein gutes Gefühl?

Übe dich in Selbstmitgefühl
Wo wir gerade schon beim Thema innerer Kritiker waren.
Gerade in solchen Momenten, wo es uns eh schon nicht sonderlich gut geht, legt er gern noch einen drauf.
Zum Beispiel sagt er uns, dass wir uns zusammenreißen sollen.
Oder uns einfach nicht so anstellen sollen.
Dass wir härter arbeiten, uns mehr anstrengen, die Zähne zusammenbeißen sollen usw.
In solchen Momenten ist Selbstmitgefühl angesagt (oder auch einfach dann, wenn du gerade mitten in einer Stressreaktion steckst oder dir alles zu viel wird).
Dahinter steckt der Gedanke, dir selbst gegenüber so freundlich zu sein, wie du es auch bei einer Freundin wärst.
Du zeigst dir selbst Mitgefühl, spendest dir Trost und gestehst dir selbst ein, dass dieser Moment gerade einfach hart ist, aber du damit auch nicht allein bist.
Mehr zum Thema Selbstmitgefühl findet du hier.
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